Räuchern in den Rauhnächten

    Die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr wird auch als „zwischen den Jahren“ bezeichnet. Umrahmt zwischen zwei großen Festen zum Jahresabschluss ruht die Arbeit, es ist Zeit für die Familie und Zeit für Besinnlichkeit. Doch die Gründe dafür liegen tiefer und hängen eng mit den heidnischen Bräuchen vor der Christianisierung zusammen, die im germanischen und keltischen Volksglauben wurzeln.

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    Wald im Morgengrauen
    Foto: fabian wohlgemuth / unsplash.com

    Die Germanen glaubten daran, dass in den Rauhnächten das Heer von Odin umherzog. Noch lange Zeit nach der Christianisierung konkurrierte das Julfest in deutschen Landen mit dem Weihnachtsfest. Viele Rituale aus der Zeit der Rauhnächte wie die Rauhnächte Räucherungen blieben bis in die heutige Zeit lebendig, und zahlreiche heidnische Traditionen flossen in das missionierte Europa ein.

    Wann sind die Rauhnächte?

    Die Rauhnächte sind die zwölf Nächte zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar, dem Dreikönigstag. Sie gehen zurück auf die Umstellung vom Mondjahr auf das Sonnenjahr; die Rauhnächte sind die Tage, die im neuen Kalender übrig geblieben sind.

    In dieser Zeit der Wintersonnenwende sind die Tage am kürzesten und die Nächte am längsten. In der Zeit vor dem elektrischen Licht haben die Menschen die lange Dunkelheit viel intensiver und bewusster erlebt als heute. Und wenn es dunkel wird, das wissen auch die Kinder im Digitalzeitalter, herrscht Geisterstunde.

    Die Bedeutung der Rauhnächte

    Die Etymologie des Begriffs der Rauhnächte ist nach wie vor Gegenstand der Forschung. Denkbare Möglichkeiten sind die Entstehung aus Rauchnächten in Anspielung auf die Tradition des Räucherns sowie altgermanische Übersetzungen aus ruch (pelzig, behaart) und rauh (wild).

    Der Mythologie nach ist in dieser dunklen Zeit die Schwelle zwischen dem Diesseits und Jenseits besonders niedrig. Hier sind uns Götter und Ahnen nahe, die um Rat gefragt werden. Nahe sind uns aber auch Dämonen und böse Geister, die uns bedrohen und die als zottelige Sagengestalten ihr Unwesen treiben. Die Tradition des Räucherns dient nun dazu, diese Wesen fernzuhalten. Geräuchert wird im Haus, Hof und Stall. Auch der Lärm am Silvester hat diese Schutzfunktion und soll die bösen Geister an der Schwelle der Jahreswende vertreiben.

    Was eignet sich am besten zum Räuchern?

    Räucherwerk aus Kräutern und Harzen liegt in einer großzügigen Anzahl vor, die Erde ist reich an diesen intensiven und betörenden Gaben der Natur. Speziell für das Räuchern eignen sich Thymian, Myrrhe, Wacholder, die Engelwurz, Weihrauch, Kampfer, Styrax und Salbei besonders gut. So wirkt der Duft von Thymian auf uns reinigend und belebend, während das uralte Heilkraut Myrrhe eine reinigende und entkeimende Wirkung auf uns hat. Desinfizierend wirkt auch das Nadelholz der Wacholderbeere auf uns, das einen angenehm fruchtig-würzigen Geruch verbreitet und uns vor negativen Energien schützt.

    Die minz- und balsamartige Engelwurz hingegen stärkt unsere irdische Verbundenheit, aus der wir Kraft für höhere Ziele schöpfen. Weihrauch wurde von der christlichen Liturgie übernommen und ist das spirituelle Räucherwerk schlechthin. Kampfer vitalisiert, erfrischt und belebt uns, während Salbei unsere höheren Bewusstseinssphären berührt. Styrax ist schließlich gut dafür geeignet, uns zu beruhigen, an unsere meditativen Kräfte zu appellieren und uns mit Liebe zu erfüllen.

    Rauhnächte sind Lostage

    Das Räuchern dient in den Rauhnächten nicht nur dem Schutz vor bösen Geistern, sondern ist auch eine spirituelle Erfahrung, die mit dem Wesen der Rauhnächte verknüpft ist. Jeder der zwölf Tage symbolisiert einen ganzen Monat. Das, was man am 25.12. erlebt, erfährt man im kommenden Januar; am 26.12. geschieht das, was im Februar passiert usw. Auf diese Tradition geht das Bleigießen an Silvester zurück.

    Aufgrund der vielen Weissagungen, die in dieser Zeit stattfinden, werden die Rauhnächte alternativ auch als Lostage oder Schicksalstage bezeichnet. Die Rauhnächte enden mit der Ankunft der drei Bethen, nämlich Wilbeth, Ambeth und Borbeth, die jedes Haus segnen. Dann erscheint der kräftige, goldborstige Eber des Sonnengottes Freyr und setzt das Jahresrad in Schwung. Die Würfel sind gefallen, jetzt nimmt das Schicksal seinen Lauf.

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